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Die Ganzsachen der Deutschen Bundespost
(Heuss I und II sowie die Berliner Bauten 1954 - 1961)

Das Portrait des ersten Präsidenten der Bundesrepublik, Dr. Theodor Heuss, erschien erst im Januar 1954, kurz vor
Ablauf der ersten Wahlperiode nach fünf Jahren, auf Briefmarken und Ganzsachen. Der Entwurf des Kopfbildes war
nach einer Aufnahme von Prof. Walter Hege, Gelsenkirchen, von Max Bittrof, Frankfurt (Main), ausgeführt worden. Wie
bei der vorherigen Serie (WST. Ziffern und Posthorn) bestand die komplette Emission aus fünf Karten zu 8, 10, 20, 10/10
und 20/20 Pf, die auch den gleichen Vordruck von engen Anschriftlinien (44 mm zusammen) und nur "Absender" bzw. "Expediteur" aufwiesen. Bei den Auslandskarten entfiel der Postleitzahlkreis auf der Anschriftseite, jedoch nicht auf
der Antwortkarte.

Da am 17.7.1954 der Bundespräsident auf einer in Berlin durchgeführten Bundesversammlung ohne Gegenkandidaten
wiedergewählt wurde, amtierte er bis zum 12.9.1959. So kamen 1955 weitere Karten mit dem Vermerk "Absender: (Vor-
und Zuname)", weiten Anschriftlinien (51 mm), nur mehr vier Absenderlinien und anderen geringfügigen Vordruckun-
terschieden heraus, und 1957 folgte diese Serie mit Klammern anstelle der Postleitzahlkreise. Bei diesen Karten wur-
den aus den bisherigen drei Vordruckzeilen "Straße, Hausnummer, Gebäudeteil, Stockwerk oder Postschließfach-
nummer, bei Untermietern auch Name des Vermieters" nunmehr zwei. Gleichzeitig wurde die Inschrift "Postkarte" etc.
bis zur Mitte des Werbestempels heruntergezogen.

Oft geringe Auflagen
Damals war das Geld in Deutschland noch äußerst knapp. Eine Statistik belegt, daß das monatliche Bruttoeinkommen
1956 der BRD unter 100 DM 7,2 %, von 100 bis 200 DM 12,4 %, von 200 bis 300 DM 18,4 %, von 300 bis 400 DM 21,8 %,
unter 500 DM 19,2 %, von 500 bis 600 DM 10,7 %, von 700 bis 1000 DM 8,7 %, von 1100 bis 2000 DM 1,5 % und über 2000
DM 0,1 % der Beschäftigten betraf. Insgesamt bezogen 18,05 Millionen beschäftigte Arbeitnehmer ein Bruttoeinkommen
von 81,5 Mrd. DM, im Durchschnitt rund 377 DM pro Haushalt der BRD. Das erklärt die oftmals geringen Auflagen (z.B.
der Auslandsantwortkarten) und deren heutige relative Seltenheit.

Als Ausdruck dafür, daß die Post in Berlin (West) zum Geltungsbereich der Deutschen Bundespost gehörte, ist die
wechselsei
tige Gültigkeit der Postwertzeichen, entweder offiziell oder teilweise auch stillschweigend, zu betrachten.
Mehrfach hatte der Magistrat von Berlin (West) den Anschluß an die Deutsche Bundespost versucht, aber die Alliierte Kommandantur schob all diesen Plänen einen vorläufigen Riegel vor. Sie teilte lediglich mit, daß "ein Schritt von solcher politischen Tragweite im
Augenblick nicht zu vertreten wäre". Nur eine engere Zusammenarbeit der Postverwaltungen
wurde gestattet.

Allmählich jedoch gliederte sich Berlin (West) in zahlreichen Belangen dem Bundesgebiet an, und ab 1956 erschienen
die Ganzsachen der Berliner Bauten mit dem Rathaus Neukölln (8 und 8/8 Pf) und der Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (10 und 10/10 Pf) mit der neuen Inschrift "Deutsche Bundespost Berlin". Der Entwurf stammte von
Alfred Goldammer, Berlin. Der Vordruck war mit dem der Ausgabe der Bundespost von 1955/56 identisch.

Als 1957 auch hier die Postleitzahlkreise durch Klammern ersetzt wurden, kam die vollständige Serie mit den Auslands-
karten zu 20 und 20/20 Pf (WST. Henry-Ford-Bau der Freien Universität) wieder an die Schalter, wobei letztmalig in Ber-
lin auch gezähnte Karten zu 8 und 10 Pf (zum Gebrauch für die Schreibmaschine) verwendet wurden. Diese Serie wur-
de noch im selben Jahr durch eine Luftpostkarte zu 15 Pf (WST. Luftbrückendenkmal in Tempelhof) ergänzt.

1955 lehnte die Bevölkerung im Saarland das europäische Saarstatut, das die politische Trennung des Landes von
Deutschland und den wirtschaftlichen Anschluß an Frankreich sanktionierte, mit über zwei Drittel Mehrheit ab. So kam
es am 1. Januar 1957 zur Eingliederung des Saarlandes als zehntes Land der Bundesrepublik. Um Frankreich allzu
große Verluste zu ersparen, erfolgte die wirtschaftliche Rückgliederung erst zweieinhalb Jahre später, am 5. Juli 1959.
Bis dahin gab das Saarland eigene Postkarten heraus, die das Portrait von Heuss und die Landesbezeichnung trugen.
Die Serie war erst ohne Währungsangabe erschienen, wurde aber im gleichen Jahr noch einmal mit der Wertbezeich-
nung in Franc wiederholt, um Mißverständnisse zu vermeiden. Die Emission bestand zuerst aus einer Karte für das In-
land (12), einer Auslandskarte (18) sowie den dazugehörigen Karten mit bezahlter Rückantwort (12/12, 18/18), wurde
dann aber durch zwei Auslandskarten zu ermäßigter Gebühr nach Frankreich zu 15 und 15/15 Fr erweitert.

Noch vor Ablauf der Amtsperiode des Bundespräsidenten erschienen neue Ganzsachen mit seinem Kopfbild, diesmal
in Form eines Medaillons nach dem Entwurf von Cordier (Heuss II). Die Serie umfaßte die Inlands- und Auslandskarten
zu 10, 10/10 sowie 20 und 20/20 Pf. Zum ersten Mal kamen diese Karten auch mit der Inschrift "Deutsche Bundespost
Berlin" an die Schalter in Berlin (West). Von jetzt an wurden alle Dauerserien motivmäßig gleich gestaltet.

Ab 1960 Fluoreszenz
Ab 1960 wurden die Versuche zum Einsatz von automatischen Stempel- und Briefverteilmaschinen gestartet, die einen
fluoreszierenden Beidruck benötigten. Alle Karten erschienen mit einem gelben bzw. weißen, großen (15:22 mm) oder
kleinen (4:22 mm) Hochrechteck links neben dem Wertstempel. Da sich der kleine Beidruck bewährte, wurde er auch in
Zukunft angewandt. Das geschah schon bei der noch 1960 verausgabten neuen Auslandsantwortkarte, bei der man die
Inschrift jetzt tiefer als den Wertstempel gelegt hatte.

1961 änderte sich der Vordruck, indem man im Anschrift- und Absendervermerk die Bezeichnung "Postschließfach-
nummer" ersetzte. Auch hier erschien die komplette Serie erst ohne Fluoreszenz-Beidruck, später die 10-Pf-Karte und
die beiden Auslandskarten auch mit dem kleinen Hochrechteck.

In Berlin kam diese Vordruckänderung nur bei der 10-Pf-Karte und der Stadtpostkarte zu 8 Pf zum Tragen, deren Farbe
man 1959 bei einer Zwischenauflage in orangerot geändert hatte.

Da bei der Heuss-II-Serie kein Wertstempel zu 8 Pf vorgesehen war, wurde auf den von Heuss I zurückgegriffen, und
1960 brachte man die Ortspostkarten mit dem kleinen und dem großen fluoreszierenden Feld heraus sowie 1961 mit
dem Vermerk "Postfachnummer".

Obwohl nach der Amtsblattverfügung Nr. 334 von 1951 die Schaffung von Privatganzsachen möglich war, die, wie wir
noch sehen werden, auch eifrig genutzt wurde, gab es doch verschiedene Firmen oder Vereine, denen die geforderte Mindestauflage von 1000 Stück zu groß war oder denen die Bestellzeiten zu lange dauerten. Deshalb kauften sie die
Postkarten an den Schaltern, um sie
mit Werbungen für eine Ausstellung oder als Erinnerung an einen Sonderflug zu bedrucken. So sind beispielsweise 8-Pf-Karten 1959 zum Tag der Vereidigung des Bundespräsidenten Heinrich Lübke,
zu 10 Pf zum Eröffnungsflug der Lufthansastrecke Frankfurt/Main - Wien oder zu 20 Pf mit Viscount 814 von Hamburg
nach Lissabon erschienen.

In Berlin (West) wurde auf den Karten der Berliner Bauten zu 8 Pf 1959 die Wahl des Bundespräsidenten auf der Bun-
desversammlung in Berlin gewürdigt und mit Luftpostkarten der Besuch des amerikanischen Präsidenten Eisenhower
in Deutschland und der Lufthansaflug Düsseldorf - Rom vom 5. Januar 1959 dokumentiert. Diese Karten waren haupt-
sächlich als Träger für Sonderstempel gedacht.

Auf dem Gebiet der Privatganzsachen gemäß obiger Verfügung ging es in diesen Jahren zwar noch bescheiden, doch
schon etwas lebhafter zu. Da bis zum 30.6.1954 das Drucksachenporto noch 4 Pf betrug, konnten die Karten zur Ver-bandstagung der Philatelisten Nordrhein-Westfalens in Soest und zur "Ratisbona" in Regensburg noch ausgeliefert
werden. Alle danach beantragten Karten, die als Drucksache gedacht waren, erhielten einen 7-Pf-Wertstempel, darunter
die Karte zum 5. Fipco-Kongreß in Karlsruhe, die Kunstkarten von Carl Spitzweg und Paul Hey, zum 57. Philatelistentag
und zur Marpurga 1956.

Als Ortspostkarten zu 8 Pf erschienen z.B. die Ausgaben zu 100 Jahre Bremer Briefmarke 1955 und der Kulmbacher
KUBRIA 1959 sowie als Fernpostkarten zu 10 Pf Bestellkarten für Valvo-Röhren der Deutschen Philips-GmbH und zum Deutschlandflug 1956 oder die Fotokarte "Bremen aus der Vogelperspektive". Als Luftpostkarten brillierten die "Bremer Stadtmusikanten", die Golddukaten zur 800-Jahr-Feier von München und die Karten zur Achimer Briefmarkenaus-
stellung. Es gab auch zwei Auslandskarten zu 20 Pf, die der 70. Cartellversammlung in München gewidmet waren.

Mehrere Wertstempel
Da für die eingedruckten Wertstempel nur die jeweilige Dauerserie zur Verfügung stand, versuchten einige Kunden den
entsprechenden Portosatz aus zwei oder mehreren Wertstempeln zusammenzusetzen. Das verteuerte zwar die Druck-
kosten für den Aufdruck des Wertzeichens, schuf aber eine interessante, neue Ganzsache, die einen größeren Absatz versprach. Andererseits gab es Portosätze (z.B. Luftpostdrucksache zu 9 Pf bis 30.6.1954, später zu 12 Pf), die nur
durch zwei Wertstempel erreicht wurden. So gab es u.a. eine 4- u. 5-Pf-Karte zur neuen Direktverbindung Hamburg -
Barcelona und 6 Pf mit dem Gemälde "Zweierlei Reisende" von Spitzweg zur Bremer Werbeschau. 20 u. 15 Pf bzw. 25
u. 10 Pf - und dies sogar außerdem kombiniert aus Heuss I und II als Auslandsluftpostkarten - gab es ebenfalls wie in
fast allen Portostufen zur 70. und 74. Cartellversammlung 1956 und 1969 in München.

Auch bei den Umschlägen gibt es Drucksachen (7 Pf), Briefe für den Orts- (10 Pf) und Fernverkehr (20 Pf), Luftpost-
drucksachen (5 u. 7 Pf) sowie 25 u. 15 Pf und 25 u. 25 Pf für Doppelbriefe und dergleichen, manche sogar mit dem Auf-
druck "Einschreiben", wobei allerdings noch eine Zusatzfrankatur nötig wurde.

Bei den Privatganzsachen von Berlin (West) fällt auf, daß der überwiegende Teil (über 90 %) von Vereinen und Firmen
aus der Bundesrepublik bestellt wurde. So gibt es Drucksachenkarten von der Heideposta 1958 in Soltau, Ortspostkar-
ten zu 8 Pf grau zum Tag der Briefmarke von Bremerhaven, zu 8 Pf orangerot z.B. vom 61. Philatelistentag von Saar-
brücken und der NAUBRIA 1961 von Bad Nauheim. Lediglich die Karte zum Tag der Briefmarke 1960 ist aus Rixdorf-
Neukölln. Bei den 10 Pf-Karten kommt die Ausgabe 70 Jahre Deutsche Gesellschaft für Staats- und Privatmarkenkunde
aus BERLIN W 30, die anderen stammen aus Stuttgart, Köln und Hamburg. Ähnlich geht es bei den Luftpostkarten wei-
ter, die mit 30 Stück den größten Anteil haben. Hier fallen vor allem die ersten zwölf Bausteinkarten der Deutschen Ra-
keten-Gesellschaft Bremen auf.

Mit den Drucksachenumschlägen hat man u.a. Erinnerungsumschläge an den Ersttag der Ausgabe von Briefmarken
der Bundespost (z.B. Paul Gerhardt, Europäische Union und Freiherr von Stein) und Berlin (Interbau und Uta von
Naumburg) geschaffen, die für den Abdruck des Sonderstempels gedacht waren. Als FDC für die Marken können sie
nicht werten, da immer der WST. Berliner Funkturm eingedruckt ist. Die Fensterumschläge zu 10 Pf setzen die Tradi-
tion der Berliner Wasserwerke fort, die schon seit den dreißiger Jahren diese Ganzsachen zum Versand ihrer Rech-
nungen nutzten. Luftpostdrucksachen (wenn auch nicht durch Aufdruck ausgewiesen) der 2. Stufe zu 15 Pf gab es
für die Eröffnungsflüge der Lufthansa nach Dakar, Rio de Janeiro, Sao Paulo und Buenos Aires sowie zum SAS-
Polarflug Europa - Fernost, zur Wiederaufnahme des Luftverkehrs nach Wien und zur Schnellverbindung Düsseldorf- Kopenhagen. Nur zwei Auslandsumschläge wurden in Berlin aufgelegt, den Hauptanteil hatten hier 26 Luftpostbriefe
zu 25 Pf (WST. Lilienthal-Denkmal), die fast alle für Eröffnungsflüge, Ballonstarts, Luftpostausstellungen oder Kunst-flugmeisterschaften genutzt wurden. Auch einen Doppelwertstempel von 15 u. 15 Pf gab es beim Flug der Boeing 707
Hamburg - Frankfurt - New York.

Als 1959 der Wertstempel Heuss II Verwendung fand, war es der 61. Philatelistentag in Saarbrücken, der als Drucksache
drei schwarz/weiße und eine mehrfarbige Ansichtskarte brachte. Bei den 10-Pf-Karten fällt wieder Bremen auf, das in
dieser Zeit äußerst aktiv ist und neun farbige Ansichtskarten, dazu noch die Stadtmusikanten zum 50. Jubiläum des Briefmarkenvereins herausbringt. Die besonderen Stücke wurden jedoch von der Bundesbahn
aufgelegt, unangekün-
digt verteilt, und deshalb sind sie so gut wie verschwunden: zwei Karten
vom Trans-Europa-Express Helvetia - dem komfortabelsten Zug 1960.

Drei Auslandskarten mit schon erwähnten Motiven und wiederum fünf Bremer Ansichten auf Luftpostdrucksachen
(WST. Heuss I  2 Pf u. Heuss II 10 Pf) sowie zwei Auslandsluftpostkarten zu 15 und 20 Pf, in gleicher Kombination wie
oben, beenden das Kartenprogramm der Bundespost.

Bei den Umschlägen gab es wenig Kunden, die sie herstellen ließen: zwei zu 7, vier zu 10 (darunter die Berliner Was-
serwerke als Bestseller) und einer zu 20 Pf für den 61. Philatelistentag in Saarbrücken, fast das gleiche noch einmal
bei Berlin (West). Hinzu kamen vier Luftpostdrucksachen mit 5 und 7 Pf in Kombination Landespostdirektion/Heuss II.

Auch die Postkarten bei Berlin (West) brachten nicht viel Neues. Außer den schon bekannten Ansichtskarten von Saar-
brücken gab es fünf Drucksachen für Bad Ems (7 Pf) und für die Ausstellungen von Soest, Bremerhaven, Michelau und
Emden. Die gleiche Kombination zu 5 und 7 Pf wie vorher, besonders aber eine Rohrpostkarte mit 8 (Rathaus Neukölln)
u. 20 (Heuss II) sowie 15
(Luftbrückendenkmal) u. 20 Pf, beide aus Berlin-Wilmersdorf, waren die letzten Karten mit die-
sen Wertstempeln.

Funklotteriekarten
Bei den Funklotteriekarten änderten sich der Wertstempel (Heuss I) und 1957 wie bei der Dauerserie die Postleitzahl-
klammern, 1959 kam Heuss II; das gilt auch für Berlin (West). Ansonsten blieb der Vordruck unverändert.

Bildpostkarten
Inzwischen konnte man die Bildpostkarten wieder über die Sammlerschalter beziehen. Da in Berlin zu dieser Zeit keine
Bildpostkarten aufgelegt wurden, erschien als 42. Auflage eine Serie von acht Karten mit Berliner Motiven.

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