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Walzerkönig - Briefmarken waren gut gefälscht

Gültige Briefmarken haben "geldwerten Charakter" und so darf es nicht verwundern, daß es schon in frü-
hester Zeit Versuche gegeben hat, sich mit ihrer Hilfe auf unrechtmäßige Weise zu bereichern. Heute for-
dern einfachst gestaltete Markenbilder und modernste, leicht zugängliche Reproduktionstechnik ja gera-
dezu heraus, Briefmarken zu fälschen und in den Markt der Versender zu schleusen. Dabei geht es oft
um erhebliche Summen.

Bericht aus DBZ 2/2001

Im Abschleppfahrzeug von zwei Polen haben Zollfahnder in Nürnberg gefälschte Briefmarken im Nennwert von rund 1,9
Millionen
Mark sichergestellt. Die Sondermarken zum 175. Geburtstag des Walzerkönigs Jahann Strauß waren in einer
Druckerei in Polen in handelsüblichen Zehnerbögen hergestellt worden.

Die beiden 34 und 25 Jahre alten Männer wollten die 20 Pakete mit rund 630.000 Marken für 300.000 Mark in Nürnberg ab-
setzen. Die Briefmarken hatten alle einen Nennwert von drei Mark, wie sie für Großbriefe gebraucht werden. Die Polen
wurden festgenommen. Gegen sie erging inzwischen nach Angaben des Zollfahndungsamtes Haftbefehl. Sie hätten ge-
glaubt, dass es sich wegen der fehlenden D-Mark-Angabe um Werbemarken zu einer 300-Jahr-Feier handelt, gaben die
beiden Männer zunächst bei ihrer Vernehmung an. Im Rahmen der Ermittlungen machten die Fahnder die polnische
Druckerei ausfindig. Polnische Sicherheitskräfte stellten dort die Matrizen und 20 Dia-Positive der "Sonderedition" si-
cher. Trotz der fehlenden Zahnung handelte es sich nach Angaben der Zentralen kriminaltechnischen Untersuchungs-
stelle der Deutschen Post AG um qualitativ gute Fälschungen. Sie seien für Laien auf den ersten Blick nicht von Original-briefmarken zu unterscheiden gewesen. Postexperten hätten die Marken aber im Arbeitsalltag sofort erkannt, hieß es. Fälschungen in dieser Dimension sind für die Post ein Novum. Es tauchten zwar immer wieder Fälschungen auf, aber
nicht in dieser Größenordnung.

Auch ein Fall von Steuerbetrug!
Gegen die beiden Polen wird auch wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Die Falsifikate gelten nach dem Zolltarif als ab-
gabenpflichtige sonstige Druckereierzeugnisse. Bei der Einfuhr der falschen Briefmarken wären Umsatzsteuer und Zoll
in Höhe von rund 56.000 Mark fällig gewesen. Echte Briefmarken sind dagegen nicht abgabenpflichtig.

Fälschungen von philatelistisch wertvollem Material sind Sammlern gut bekannt. Sofern Gefahr besteht, wird in den
MICHEL- Katalogen mit dem Hinweis "FALSCH" darauf aufmerksam gemacht. Dabei handelt es sich um Fälschungen
zum Schaden der Sammler. Deutlich seltener kommen dagegen Fälschungen zum Schaden der Post vor, im MICHEL mit
"PFä" in einer schrägen Zierschrift markiert. Es handelt sich dabei um Nachdrucke (Reproduktionen) gültiger Postwert-
zeichen, mit denen kriminelle Elemente die Post um das ihr zustehende Entgelt betrügen wollen.

Postfälschungen schon vor über 100 Jahren!
Solche "Attacken" sind bereits aus der Zeit der Deutschen Reichspost 1875 bis 1911 mehrfach bekannt, aber auch aus
den Jahren der frühen Bundesrepublik. So ist z.B. im Amtsblatt Nr. 25/1950 ein Hinweis auf nicht perforierte Postwertzei-
chen der Bautenserie zu 10, 25, 40 und 90 Pf. zu finden, die offenbar gestohlen worden waren. In Nr. 12/1952 wird vor
"plumpen Nachahmungen von Postwertzeichen der Bautenserie mit dem Motiv Kölner Dom" gewarnt, die in "schlech-
tem Buchdruck" zum Schaden der Post hergestellt wurden.

Erneute Hinweise auf falsche 20 Pf. "Bauten", Motiv Brandenburger Tor, finden sich im Amtsblatt Nr. 1/1953. Diese Fäl-
schungen im Steindruck auf schwach grauem Papier, mit einer gelblichen von Hand aufgebrachten Gummierung, waren
relativ leicht an der extrem schlecht ausgeführten Zähnung zu erkennen.

Ende der achtziger Jahre war dann verschiedentlich von Fälschungen einiger höherer Werte der Dauerserie "Burgen
und Schlösser" - wegen ihrer primitiven Gestaltung ja geradezu prädestiniert - zu hören. Sie sollen laut den damaligen
Presseberichten in einer deutschen Haftanstalt hergestellt worden sein. Die Sache war eigentlich sehr klug eingefädelt,
denn wegen ihrer Verwendung nur auf großen Briefen und Päckchen konnten diese "Marken" ohne Gelbfluoreszenz
nie in den automatischen Briefaufstell- und Stempelmaschinen auffällig werden.

Die nächsten gravierenden Fälschungsfälle zum Schaden der Post machten Mitte der neunziger Jahre Schlagzeilen.
Hier war vor allem die 100 Pf. "Wallfahrtskapelle Altötting" aus der Serie "Sehenswürdigkeiten" - in ihrer graphischen Ge-
staltung ebenfalls urprimitiv - betroffen. In den Heften 22/95 sowie 4 und 15/96 konnte die DBZ nicht weniger als sechs verschiedene Typen mit Wort und Vergrößerungsbild vorstellen.
Hier war das Geschick der Fälscher schon etwas weiter fortgeschritten, denn alle Stücke waren mit einem mehr oder we-
niger gelb leuchtenden Fluoreszenzfarbstoff versehen und konnten damit sogar die Briefsortier- und Stempelmaschinen täuschen. Nicht jedoch die Philatelisten und DBZ-Leser, denn die haben die Marken entdeckt und konnten so den Ver-folgungsbehörden wichtige sachdienliche Hinweise liefern.

Mehr Sicherheit durch Sicherheitspapier?
Diese Zustände konnte nun auch die Post nicht mehr länger hinnehmen und führte 1997 ein neues Postwertzeichenpa-
pier unter der Bezeichnung "DP - 1 - M" ein. "M" steht hier für rosa fluoreszierende "Melierfasern" (Fadenschnipsel) in
der Papiermasse. Dieses Sicherheitspapier blieb jedoch auf die Freimarken der Dauerserie "Sehenswürdigkeiten" und
"Frauen" beschränkt; erste Ausgabe waren die 47 Pf. "Europäer-Denkmal Berus" und 110 Pf. "Marlene Dietrich".

Wem aber sollen denn im arbeitsgeladenen Betriebsalltag mit immer weniger Personal fehlende, ohnehin nur im UV-Licht
sichtbare Fadenschnipsel auffallen, wenn die Automaten der zwischenzeitlich noch weiter technisierten Briefpostbear-
beitung nichts verdächtiges melden? Zudem stellt bei vielen unserer Briefmarken ja nicht das Papier, sondern die leichte Reproduzierbarkeit ihrer Markenbilder den schwächsten Punkt dar.

Und so hatte die Deutsche Post auch in den letzten Jahren immer wieder mit neuen Fälschungen zur Hinterziehung von
Entgelten zu kämpfen. Das Materiel soll angeblich aus dem russisch-asiatischen Raum stammen und den Markt hierzu-
lande geradezu überschwemmen. Der eingangs als Faksimile wiedergegebene Bericht läßt die Größenordnungen der
dunklen Geschäfte erahnen. Von insbesonderem Interesse sind dabei vor allem die nun verstärkt auftauchenden Fäl-
schungen von Sondermarken.

Alle nachfolgend aufgeführten Fälschungen haben dem Experten und Kenner der Materie Wilhelm van Loo im Original
vorgelegen. Die erkennungsdienstlichen Untersuchungen über Herkunft und Täter sind z.T. noch nicht abgeschlossen.
Sammler können also ihre Korrespondenzware auf diese und event. auch noch weitere Stücke hin durchsuchen.

100 Pf., Mi-Nr. 1756
Die Dauerserie zu 100 Pf. "Frauen der deutschen Geschichte", Luise Henriette von Oranien, die schon am 13. Oktober
1994 herausgegeben wurde, ist eine von zwei Werten dieser Ausgabe, die hier als Fälschungen zu beschreiben sind. Die
Marke wurde ebenfalls in Zehnerbogen hergestellt, allerdings mit einer so schlechten und primitiven Linienzähnung, die sämtlichen graphischen Aufwand schon wieder zunichte macht. Einem Philatelisten springen diese Stücke sofort ins
Auge. Erstes charakteristisches Merkmal sind natürlich die üblichen "runden Ecken". Und während das Original eine Kammzähnung 14 aufweist, sind bei den Fälschungen Werte von L 14,25 bis 14,5 zu messen.

Die Ausführung des Motivs ist bei der Fälschung unscharf, teils sogar fehlerhaft. Die Qualität des Druckbildes, beim
Original hochwertiger Stichtiefdruck, wurde mit dem Offset der Falsifikate auch nicht annähernd erreicht. Bei der Repro-
duktion sind die feinen Haarstrukturen am Kopf weitgehend verloren gegangen und zudem die Schriftkonturen so "zu-
gelaufen", daß Buchstaben, wie z.B. das "D" von "DEUTSCHE", die Bildrandlinie berühren!
Der gleiche Abbildungsverlust ist bei den Fälschungen an den Randlinien festzustellen. Bei den Originalen sind diese
aus "einem Guß" und laufen in den Ecken sauber und exakt zusammen, denn beim Stichtiefdruck gibt es zwischen den
einzelnen Gravurlinien keine Passerverschiebungen. Bei den Fälschungen ist die Umrahmung im Bereich der gelben
Farbpartie oben und unten vielfach durchbrochen, teils gar nicht mehr vorhanden. Ausschnittsvergrößerungen zeigen unterschiedliche Strichstärken und nicht paßgenaue Eckanschlüsse. Einfaches Abscannen des Originals ohne einge-
hende, fachkundige Nachbearbeitung am Computer macht eben noch keine gute Fälschung.
Am deutlichsten wird der Unterschied unter UV-Licht. Das Papier der Fälschungen weist nur vereinzelte Flecken blauen
optischen Aufhellers auf, es erscheint ansonsten sehr dunkel gegenüber dem gelblich fluoreszierenden Original.

110 Pf., Mi-Nr. 1939
Auch der Dauerwert mit dem Portrait von Marlene Dietrich wurde nachgemacht. Wie bei der zuvor beschriebenen Fäl-
schung ist auch hier die Bildwiedergabe im Vergleich zum Original deutlich schlechter. Die Beschriftung ist zu fett, De-
tails der Haare sind häufig nur noch gepunktet und nicht mehr als Linien vorhanden. Und auch hier hatte man Probleme
bei der Bildumrandung: Die schlecht angepaßten Übergänge von der einen Farbe zur anderen sind meist auch ohne Vergrößerung gut zu erkennen.

Dagegen hat man bei dieser Fälschung eine saubere Zähnung mit einem Maß von 13,75 zu 14 hinbekommen. Unter UV-
Licht auch hier lediglich der blaue optische Papieraufheller und keinerlei Gelbfluoreszenz - die Gummierung ist teilweise
von Hand aufgestrichen.

110 Pf., Mi-Nr. 1935
Von der DS "Sehenswürdigkeiten" wurde ebenfalls ein gängiger Wert als Fälschung zum Schaden der Post entdeckt. Es
handelt sich um die 110 Pf. "Schloss Bellevue Berlin" vom 14. August 1997. Bei genauerem Hinsehen ist die gegenüber
dem Original (indirekter Hochdruck) neuerliche, vergleichsweise unscharfe Offset-Reproduktion schon recht gut zu er-
kennen. Der Qualitätsverlust läßt Flächen wolkig erscheinen, die Buchstaben wirken unregelmäßig und unscharf. Eine
Detailvergrößerung, z.B. des Schloßportals, macht dies noch deutlicher: Der Schriftzug "Bellevue" im Giebel ist ver-
schwommen, die gezackten Ornamente wirken unregelmäßig, die waagrechten Linien des Quergesimses darunter ver-
kleckst. Originale haben eine Kammzähnung 13,75 : 14,25 , die Fälschungen Linienzähnung gleicher Größe. "Runde"
Ecken sind daher auch hier ein besonders charakteristisches Merkmal.

110 Pf., Mi-Nr. 2013
In der Abteilung "Sondermarken" ist nun die Ausgabe "Keine Gewalt gegen Kinder" vom 10. September 1998 zu be-
leuchten. Die Abweichungen der Fälschungen lassen sich leicht aufzählen: Während das Original in Kammzähnung
13,75 : 14 perforiert ist, hat die Fälschung eine Linienzähnung 11,5 . Diese ist grob und unregelmäßig, besonders wieder
in den Ecken; die Marken erscheinen optisch größer.

In diesem Zusammenhang ein Hinweis: Auch bei Sondermarken gibt es - wie bei DS-Rollenmarken - "breite" und
"spitze" Ausgleichszähne. Die DBZ hat diese Tatsache schon wiederholt aufgegriffen. Nie aber kommen diese Korrek-
turzähne an ein und derselben Marke vor!

Das Papier der Originalmarken ist weiß, das der Fälschung hat einen eindeutigen Graustich. Es zeigt unter UV-Licht kei-
ne Gelbfluoreszenz, sondern erscheint grauviolett. Diese Fälschungen wurden ebenfalls in kompletten Zehnerbogen
hergestellt. In der Druckausführung weicht die Imitation deutlich von den im Offset hergestellten Originalen ab. Der
dunkle Ton der Flächen, z.B. des roten Hemdes, wirkt bei der Nachahmung eher fleckig, die Wertziffer 110 ist grau statt
schwarz.

110 Pf., Mi-Nr. 2026
Das Falsifikat der Sondermarke "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" vom 12. November 1998 kann bei einer
Prüfung auch nicht bestehen. Das Original hat Kammzähnung 13 : 12,5 , die Fälschung 12,75 : 12,25 . Die Zähne sind
fransig ausgerupft, was darauf hinweist, daß sich das Papier schlecht reißen läßt. Unter UV-Licht leuchten die Imitate
stellenweise hellblau, die Originale durchgängig blaßgelb.
Bei der Reproduktion ist sog. "Moire" entstanden, d.h. ein schachbrettartig gefleckter Bildhintergrund; der Rasterver-
lauf ist grobkörnig. Und besonders peinlich: ein Schreibfehler! Ganz klar, daß "ERKLARUNG" nur auf der Fälschung
stehen kann. Hoffentlich hat hier noch niemand an einen Plattenfehler geglaubt. Überhaupt ist die gesamte Markenbe-
schriftung nicht deckungsgleich mit dem Original.
Besonders auffällig ist die schlechte Bildzentrierung in den Perforationsfeldern, sowohl in waagrechter wie in senkrech-
ter Ausrichtung. Die Passung ist so ungenau, daß sich der Abstand von der Bildunterkante zur Zähnung von der ersten
bis zur fünften Reihe eines Zehnerbogens glatt verdoppelt: Während die Markenbilder bei einem Belegstück in der ers-
ten Reihe einigermaßen zentriert stehen, gehen sie in der fünften schon über die obere Zahnreihe hinaus.

Meldungen erbeten!
Vorstehende Ausführungen wollen einen ersten Überblick darüber geben, was sich im Bereich des Portowaren-Marktes
in der letzten Zeit kriminell abgespielt hat. Postfälschungen der SM "Johann Strauß" (MiNr. 2061) und "Ernst Barlach"
(MiNr. 2063) werden demnächst durch die DBZ ausführlich vorgestellt. Und immer noch geht man gewiß nicht fehl in der Annahme, daß auch das noch lange nicht alles war bzw. ist, was sich an Fälschungen in Umlauf befindet.
Es werden daher alle Leser zur Mitarbeit und Forschung aufgerufen. Die grundsätzlichen Mängel von Fälschungen zum
Schaden der Post wurden wohl hinlänglich dargestellt: Probleme bei der Zähnung, mindere Druckqualität, meist fehlen-
de Gelbfluoreszenz. Und wie beschrieben, kommt selten ein Mangel allein. Jeder müßte also in der Lage sein, eine Post-
fälschung üblicher Art schon weitgehend selbst zu bestimmen.
Wer eine Entdeckung machen kann, wende sich bitte unter dem Kennwort "Postfälschungen" an die DBZ-Redaktion,
Postfach 1426, in 68604 Lampertheim. Machen Sie von Ihrem Stück vielleicht eine Kopie, wenn möglich vergrößert, und beschreiben Sie die entdeckten Abweichungen. Ohne Aufforderung bitte keine Originale versenden! Eingehende Mel-
dungen werden gesammelt um dann bei Bedarf auf Sie zurück zukommen.
Es muß sich aber wirklich um mutmaßliche Fälschungen handeln. Einfache Fotokopien von Briefmarken oder Aus-
schnitte von Markenabbildungen erfüllen dieses Kriterium natürlich nicht.

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