Im Abschleppfahrzeug
von zwei Polen haben Zollfahnder in Nürnberg gefälschte
Briefmarken im Nennwert von rund 1,9
Millionen Mark
sichergestellt. Die Sondermarken zum 175. Geburtstag des Walzerkönigs
Jahann Strauß waren in einer
Druckerei in Polen in handelsüblichen Zehnerbögen hergestellt
worden.
Die beiden 34 und 25
Jahre alten Männer wollten die 20 Pakete mit rund 630.000 Marken
für 300.000 Mark in Nürnberg ab-
setzen. Die Briefmarken hatten alle einen Nennwert von drei Mark,
wie sie für Großbriefe gebraucht werden. Die Polen
wurden festgenommen. Gegen sie erging inzwischen nach Angaben des
Zollfahndungsamtes Haftbefehl. Sie hätten ge-
glaubt, dass es sich wegen der fehlenden D-Mark-Angabe um Werbemarken
zu einer 300-Jahr-Feier handelt, gaben die
beiden Männer zunächst bei ihrer Vernehmung an. Im Rahmen
der Ermittlungen machten die Fahnder die polnische
Druckerei ausfindig. Polnische Sicherheitskräfte stellten dort
die Matrizen und 20 Dia-Positive der "Sonderedition" si-
cher. Trotz der fehlenden Zahnung handelte es sich nach Angaben der
Zentralen kriminaltechnischen Untersuchungs-
stelle der Deutschen Post AG um qualitativ gute Fälschungen.
Sie seien für Laien auf den ersten Blick nicht von Original-briefmarken
zu unterscheiden gewesen. Postexperten hätten die Marken aber
im Arbeitsalltag sofort erkannt, hieß es. Fälschungen in
dieser Dimension sind für die Post ein Novum. Es tauchten zwar
immer wieder Fälschungen auf, aber
nicht in dieser Größenordnung.
Auch
ein Fall von Steuerbetrug!
Gegen die beiden Polen wird auch wegen Steuerhinterziehung ermittelt.
Die Falsifikate gelten nach dem Zolltarif als ab-
gabenpflichtige sonstige Druckereierzeugnisse. Bei der Einfuhr der
falschen Briefmarken wären Umsatzsteuer und Zoll
in Höhe von rund 56.000 Mark fällig gewesen. Echte Briefmarken
sind dagegen nicht abgabenpflichtig.
Fälschungen
von philatelistisch wertvollem Material sind Sammlern gut bekannt.
Sofern Gefahr besteht, wird in den
MICHEL- Katalogen mit dem Hinweis "FALSCH" darauf aufmerksam
gemacht. Dabei handelt es sich um Fälschungen
zum Schaden der Sammler. Deutlich seltener kommen dagegen Fälschungen
zum Schaden der Post vor, im MICHEL mit
"PFä" in einer schrägen Zierschrift markiert.
Es handelt sich dabei um Nachdrucke (Reproduktionen) gültiger
Postwert-
zeichen, mit denen kriminelle Elemente die Post um das ihr zustehende
Entgelt betrügen wollen.
Postfälschungen
schon vor über 100 Jahren!
Solche "Attacken" sind bereits aus der Zeit der Deutschen
Reichspost 1875 bis 1911 mehrfach bekannt, aber auch aus
den Jahren der frühen Bundesrepublik. So ist z.B. im Amtsblatt
Nr. 25/1950 ein Hinweis auf nicht perforierte Postwertzei-
chen der Bautenserie zu 10, 25, 40 und 90 Pf. zu finden, die offenbar
gestohlen worden waren. In Nr. 12/1952 wird vor
"plumpen Nachahmungen von Postwertzeichen der Bautenserie mit
dem Motiv Kölner Dom" gewarnt, die in "schlech-
tem Buchdruck" zum Schaden der Post hergestellt wurden.
Erneute
Hinweise auf falsche 20 Pf. "Bauten", Motiv Brandenburger
Tor, finden sich im Amtsblatt Nr. 1/1953. Diese Fäl-
schungen im Steindruck auf schwach grauem Papier, mit einer gelblichen
von Hand aufgebrachten Gummierung, waren
relativ leicht an der extrem schlecht ausgeführten Zähnung
zu erkennen.
Ende der
achtziger Jahre war dann verschiedentlich von Fälschungen einiger
höherer Werte der Dauerserie "Burgen
und Schlösser" - wegen ihrer primitiven Gestaltung ja geradezu
prädestiniert - zu hören. Sie sollen laut den damaligen
Presseberichten in einer deutschen Haftanstalt hergestellt worden
sein. Die Sache war eigentlich sehr klug eingefädelt,
denn wegen ihrer Verwendung nur auf großen Briefen und Päckchen
konnten diese "Marken" ohne Gelbfluoreszenz
nie in den automatischen Briefaufstell- und Stempelmaschinen auffällig
werden.
Die nächsten
gravierenden Fälschungsfälle zum Schaden der Post machten
Mitte der neunziger Jahre Schlagzeilen.
Hier war vor allem die 100 Pf. "Wallfahrtskapelle Altötting"
aus der Serie "Sehenswürdigkeiten" - in ihrer graphischen
Ge-
staltung ebenfalls urprimitiv - betroffen. In den Heften 22/95 sowie
4 und 15/96 konnte die DBZ nicht weniger als sechs verschiedene Typen
mit Wort und Vergrößerungsbild vorstellen.
Hier war das Geschick der Fälscher schon etwas weiter fortgeschritten,
denn alle Stücke waren mit einem mehr oder we-
niger gelb leuchtenden Fluoreszenzfarbstoff versehen und konnten damit
sogar die Briefsortier- und Stempelmaschinen täuschen. Nicht
jedoch die Philatelisten und DBZ-Leser, denn die haben die Marken
entdeckt und konnten so den Ver-folgungsbehörden wichtige sachdienliche
Hinweise liefern.
Mehr
Sicherheit durch Sicherheitspapier?
Diese Zustände konnte nun auch die Post nicht mehr länger
hinnehmen und führte 1997 ein neues Postwertzeichenpa-
pier unter der Bezeichnung "DP - 1 - M" ein. "M"
steht hier für rosa fluoreszierende "Melierfasern"
(Fadenschnipsel) in
der Papiermasse. Dieses Sicherheitspapier blieb jedoch auf die Freimarken
der Dauerserie "Sehenswürdigkeiten" und
"Frauen" beschränkt; erste Ausgabe waren die 47 Pf.
"Europäer-Denkmal Berus" und 110 Pf. "Marlene
Dietrich".
Wem aber
sollen denn im arbeitsgeladenen Betriebsalltag mit immer weniger Personal
fehlende, ohnehin nur im UV-Licht
sichtbare Fadenschnipsel auffallen, wenn die Automaten der zwischenzeitlich
noch weiter technisierten Briefpostbear-
beitung nichts verdächtiges melden? Zudem stellt bei vielen unserer
Briefmarken ja nicht das Papier, sondern die leichte Reproduzierbarkeit
ihrer Markenbilder den schwächsten Punkt dar.
Und so
hatte die Deutsche Post auch in den letzten Jahren immer wieder mit
neuen Fälschungen zur Hinterziehung von
Entgelten zu kämpfen. Das Materiel soll angeblich aus dem russisch-asiatischen
Raum stammen und den Markt hierzu-
lande geradezu überschwemmen. Der eingangs als Faksimile wiedergegebene
Bericht läßt die Größenordnungen der
dunklen Geschäfte erahnen. Von insbesonderem Interesse sind dabei
vor allem die nun verstärkt auftauchenden Fäl-
schungen von Sondermarken.
Alle nachfolgend
aufgeführten Fälschungen haben dem Experten und Kenner der
Materie Wilhelm van Loo im Original
vorgelegen. Die erkennungsdienstlichen Untersuchungen über Herkunft
und Täter sind z.T. noch nicht abgeschlossen.
Sammler können also ihre Korrespondenzware auf diese und event.
auch noch weitere Stücke hin durchsuchen.
100
Pf., Mi-Nr. 1756
Die Dauerserie zu 100 Pf. "Frauen der deutschen Geschichte",
Luise Henriette von Oranien, die schon am 13. Oktober
1994 herausgegeben wurde, ist eine von zwei Werten dieser Ausgabe,
die hier als Fälschungen zu beschreiben sind. Die
Marke wurde ebenfalls in Zehnerbogen hergestellt, allerdings mit einer
so schlechten und primitiven Linienzähnung, die sämtlichen
graphischen Aufwand schon wieder zunichte macht. Einem Philatelisten
springen diese Stücke sofort ins
Auge. Erstes charakteristisches Merkmal sind natürlich die üblichen
"runden Ecken". Und während das Original eine Kammzähnung
14 aufweist, sind bei den Fälschungen Werte von L 14,25 bis 14,5
zu messen.
Die Ausführung
des Motivs ist bei der Fälschung unscharf, teils sogar fehlerhaft.
Die Qualität des Druckbildes, beim
Original hochwertiger Stichtiefdruck, wurde mit dem Offset der Falsifikate
auch nicht annähernd erreicht. Bei der Repro-
duktion sind die feinen Haarstrukturen am Kopf weitgehend verloren
gegangen und zudem die Schriftkonturen so "zu-
gelaufen", daß Buchstaben, wie z.B. das "D" von
"DEUTSCHE", die Bildrandlinie berühren!
Der gleiche Abbildungsverlust ist bei den Fälschungen an den
Randlinien festzustellen. Bei den Originalen sind diese
aus "einem Guß" und laufen in den Ecken sauber und
exakt zusammen, denn beim Stichtiefdruck gibt es zwischen den
einzelnen Gravurlinien keine Passerverschiebungen. Bei den Fälschungen
ist die Umrahmung im Bereich der gelben
Farbpartie oben und unten vielfach durchbrochen, teils gar nicht mehr
vorhanden. Ausschnittsvergrößerungen zeigen unterschiedliche
Strichstärken und nicht paßgenaue Eckanschlüsse. Einfaches
Abscannen des Originals ohne einge-
hende, fachkundige Nachbearbeitung am Computer macht eben noch keine
gute Fälschung.
Am deutlichsten wird der Unterschied unter UV-Licht. Das Papier der
Fälschungen weist nur vereinzelte Flecken blauen
optischen Aufhellers auf, es erscheint ansonsten sehr dunkel gegenüber
dem gelblich fluoreszierenden Original.
110
Pf., Mi-Nr. 1939
Auch der Dauerwert mit dem Portrait von Marlene Dietrich wurde nachgemacht.
Wie bei der zuvor beschriebenen Fäl-
schung ist auch hier die Bildwiedergabe im Vergleich zum Original
deutlich schlechter. Die Beschriftung ist zu fett, De-
tails der Haare sind häufig nur noch gepunktet und nicht mehr
als Linien vorhanden. Und auch hier hatte man Probleme
bei der Bildumrandung: Die schlecht angepaßten Übergänge
von der einen Farbe zur anderen sind meist auch ohne Vergrößerung
gut zu erkennen.
Dagegen
hat man bei dieser Fälschung eine saubere Zähnung mit einem
Maß von 13,75 zu 14 hinbekommen. Unter UV-
Licht auch hier lediglich der blaue optische Papieraufheller und keinerlei
Gelbfluoreszenz - die Gummierung ist teilweise
von Hand aufgestrichen.
110
Pf., Mi-Nr. 1935
Von der DS "Sehenswürdigkeiten" wurde ebenfalls ein
gängiger Wert als Fälschung zum Schaden der Post entdeckt.
Es
handelt sich um die 110 Pf. "Schloss Bellevue Berlin" vom
14. August 1997. Bei genauerem Hinsehen ist die gegenüber
dem Original (indirekter Hochdruck) neuerliche, vergleichsweise unscharfe
Offset-Reproduktion schon recht gut zu er-
kennen. Der Qualitätsverlust läßt Flächen wolkig
erscheinen, die Buchstaben wirken unregelmäßig und unscharf.
Eine
Detailvergrößerung, z.B. des Schloßportals, macht
dies noch deutlicher: Der Schriftzug "Bellevue" im Giebel
ist ver-
schwommen, die gezackten Ornamente wirken unregelmäßig,
die waagrechten Linien des Quergesimses darunter ver-
kleckst. Originale haben eine Kammzähnung 13,75 : 14,25 , die
Fälschungen Linienzähnung gleicher Größe. "Runde"
Ecken sind daher auch hier ein besonders charakteristisches Merkmal.
110
Pf., Mi-Nr. 2013
In der Abteilung "Sondermarken" ist nun die Ausgabe "Keine
Gewalt gegen Kinder" vom 10. September 1998 zu be-
leuchten. Die Abweichungen der Fälschungen lassen sich leicht
aufzählen: Während das Original in Kammzähnung
13,75 : 14 perforiert ist, hat die Fälschung eine Linienzähnung
11,5 . Diese ist grob und unregelmäßig, besonders wieder
in den Ecken; die Marken erscheinen optisch größer.
In diesem
Zusammenhang ein Hinweis: Auch bei Sondermarken gibt es - wie bei
DS-Rollenmarken - "breite" und
"spitze" Ausgleichszähne. Die DBZ hat diese Tatsache
schon wiederholt aufgegriffen. Nie aber kommen diese Korrek-
turzähne an ein und derselben Marke vor!
Das Papier
der Originalmarken ist weiß, das der Fälschung hat einen
eindeutigen Graustich. Es zeigt unter UV-Licht kei-
ne Gelbfluoreszenz, sondern erscheint grauviolett. Diese Fälschungen
wurden ebenfalls in kompletten Zehnerbogen
hergestellt. In der Druckausführung weicht die Imitation deutlich
von den im Offset hergestellten Originalen ab. Der
dunkle Ton der Flächen, z.B. des roten Hemdes, wirkt bei der
Nachahmung eher fleckig, die Wertziffer 110 ist grau statt
schwarz.
110
Pf., Mi-Nr. 2026
Das Falsifikat der Sondermarke "Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte" vom 12. November 1998 kann bei einer
Prüfung auch nicht bestehen. Das Original hat Kammzähnung
13 : 12,5 , die Fälschung 12,75 : 12,25 . Die Zähne sind
fransig ausgerupft, was darauf hinweist, daß sich das Papier
schlecht reißen läßt. Unter UV-Licht leuchten die
Imitate
stellenweise hellblau, die Originale durchgängig blaßgelb.
Bei der Reproduktion ist sog. "Moire" entstanden, d.h. ein
schachbrettartig gefleckter Bildhintergrund; der Rasterver-
lauf ist grobkörnig. Und besonders peinlich: ein Schreibfehler!
Ganz klar, daß "ERKLARUNG" nur auf der Fälschung
stehen kann. Hoffentlich hat hier noch niemand an einen Plattenfehler
geglaubt. Überhaupt ist die gesamte Markenbe-
schriftung nicht deckungsgleich mit dem Original.
Besonders auffällig ist die schlechte Bildzentrierung in den
Perforationsfeldern, sowohl in waagrechter wie in senkrech-
ter Ausrichtung. Die Passung ist so ungenau, daß sich der Abstand
von der Bildunterkante zur Zähnung von der ersten
bis zur fünften Reihe eines Zehnerbogens glatt verdoppelt: Während
die Markenbilder bei einem Belegstück in der ers-
ten Reihe einigermaßen zentriert stehen, gehen sie in der fünften
schon über die obere Zahnreihe hinaus.
Meldungen
erbeten!
Vorstehende Ausführungen wollen einen ersten Überblick darüber
geben, was sich im Bereich des Portowaren-Marktes
in der letzten Zeit kriminell abgespielt hat. Postfälschungen
der SM "Johann Strauß" (MiNr. 2061) und "Ernst
Barlach"
(MiNr. 2063) werden demnächst durch die DBZ ausführlich
vorgestellt. Und immer noch geht man gewiß nicht fehl in der
Annahme, daß auch das noch lange nicht alles war bzw. ist, was
sich an Fälschungen in Umlauf befindet.
Es werden daher alle Leser zur Mitarbeit und Forschung aufgerufen.
Die grundsätzlichen Mängel von Fälschungen zum
Schaden der Post wurden wohl hinlänglich dargestellt: Probleme
bei der Zähnung, mindere Druckqualität, meist fehlen-
de Gelbfluoreszenz. Und wie beschrieben, kommt selten ein Mangel allein.
Jeder müßte also in der Lage sein, eine Post-
fälschung üblicher Art schon weitgehend selbst zu bestimmen.
Wer eine Entdeckung machen kann, wende sich bitte unter dem Kennwort
"Postfälschungen" an die DBZ-Redaktion,
Postfach 1426, in 68604 Lampertheim. Machen Sie von Ihrem Stück
vielleicht eine Kopie, wenn möglich vergrößert, und
beschreiben Sie die entdeckten Abweichungen. Ohne Aufforderung bitte
keine Originale versenden! Eingehende Mel-
dungen werden gesammelt um dann bei Bedarf auf Sie zurück zukommen.
Es muß sich aber wirklich um mutmaßliche Fälschungen
handeln. Einfache Fotokopien von Briefmarken oder Aus-
schnitte von Markenabbildungen erfüllen dieses Kriterium natürlich
nicht.